Unser 10-Punkte Plan für mehr Hitzeschutz in Stuttgart
Wir Stuttgarter*innen kennen es: es ist Sommer und unser Kessel kocht!
Vergleicht man die Klimamittelwerte der Sommer von 1961-1990, waren die letzten 29 Sommer zu warm. In den letzten zehn Jahren waren die Sommer um 1,99°C im Durchschnitt wärmer als im oben genannten Vergleichszeitraum. Auch im Sommer 2023 werden extreme Hitzetage erwartet. Besonders in Städten steigen die Temperaturen durch die Verdichtung und den Asphalt stark an.
Hohe Temperaturen treffen besonders vulnerable Gruppen. Dazu gehören besonders ältere Menschen, Frauen und Menschen mit chronischen Erkrankungen. Da insbesondere Menschen mit geringeren Einkommen häufiger von chronischen (Mehrfach-) Erkrankungen betroffen sind und häufiger in hitzeanfälligeren Wohnungen leben ist die Hitzewellen in Städten ein soziales Problem.
Steigt die Temperatur über 25°C an, leiden vulnerable Menschen unter Anpassungsstörungen, die zu Kreislaufproblemen und im schlimmsten Fall zum Tod führen (im Sommer 2022 sind in Deutschland 4500 Menschen in Folge von Hitze gestorben [RKI]). Darüber hinaus steigt bei hohen Temperaturen die Verbreitung von Infektionskrankheiten.
Insbesondere in der Stuttgarter Innenstadt, aber auch in anderen Stadtbezirken spüren wir die Hitze immer mehr. Wir sind jetzt schon eine der wärmsten Städte Deutschlands und uns erwarten in der Zukunft mehr Hitzewellen. Damit keine Stuttgarterin und kein Stuttgarter ungeschützt vor extremer Hitze bleibt, braucht es klare Maßnahmen! Wir Grüne setzen uns für einen Aktionsplan ein, der die gesundheitlichen, sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Dimensionen von zunehmenden Hitzewellen berücksichtigt.
Unser Hitzeschutz Aktionsplan
1. Mehr Begrünung und Schattenflächen:
- Pflanzung von Bäumen und begrünten Pergula, Laubengänge und ähnlichem in Straßenzügen und öffentlichen Plätzen beschleunigen
- Zusätzliche Wanderbaumalleen fördern
- Anbringung von Sonnensegeln und Dachvorrichtungen ausbauen
- Nutzung von überdachten Plätzen wie Brücken zum Verweilen verbessern
2. Zugang zu Wasser ausweiten:
- Flächendeckender Ausbau von Trinkbrunnen, insbesondere auch an Spielplätzen und Sportstätten
- Mehr Abkühlungsmöglichkeiten zur Nutzung für Menschen (Nebelsprühanlagen, Trinkbrunnen) und für Tiere (Trinknäpfe für Hunde sowie zugängliche Seen)
- Schnellere Umsetzung der Schwammstadt, z.B. durch Entsiegelung in Hitze-Hotspots der Innenstadt und zusätzliche Wasserspeicher
- Verdunstungsflächen ausbauen, insbesondere auf städtischen Flachdächern
3. Sozialgerechter Hitzeschutz:
- Schutz vor Hitze darf keine Frage des Geldbeutels sein. Deshalb müssen wir die Eintrittspreise für unsere Freibäder günstig halten und weiter sozial staffeln.
- Kostenlose Sonnencreme an öffentlichen Verteilstationen
- Klimatisierte Schutzunterkünfte müssen auch tagsüber zur Verfügung stehen und weitere kühle Aufenthaltsorte, z.B. Kirchen, für hitzegeplagte Menschen öffnen, ergänzt durch aufsuchende Angebote wie Hitzebusse.
4. Sportmöglichkeiten an Hitzetagen sicherstellen:
- Parkanlagen und sonstige hoch frequentierte Plätze für Outdoorsport gut gegen Hitzschlag ausrüsten, in dem Erste Hilfe Sets verfügbar gemacht werden und Nebelsprühanlagen vorhanden sind.
- Sportplätze, Bewegungsräume und mobile Sportanlagen (z.B. Pumptracks) hitzefit machen und deren Nutzung bei niedrigeren Temperaturen abends oder früh morgens ermöglichen.
- Klimatisierung in Sporthallen ausbauen und mit Bau von PV Anlagen verknüpfen.
5. Akuter Hitzeschutz in schlecht isolierten und Dachgeschosswohnungen im Kessel
- Städtischer Zuschuss zur Aufrüstung und Sanierung (je nach Gegebenheit für Mieter oder Vermieter) erweitern und z.B. über Quartiersmanager*innen bekannter machen.
- Sanierung mithilfe öffentlicher Fördermittel darf nicht zur unverhältnismäßigen Mieterhöhung führen. Mieterschutz darf nicht gegen Hitzeschutz ausgespielt werden.
6. Bei Hitzewellen vulnerable Gruppen schützen
- Schaffung eines automatisierten Hitze-Telefons zur Warnung betroffener Personen-Gruppen mit Empfehlungen zu gesundheitsfördernden Maßnahmen
- Hitze-Checkpoints mit Ausrüstung für die Gesundheitsversorgung in der Stadt einrichten, z.B. in öffentlichen Einrichtungen
- Beratung und aufsuchende Angebote etablieren für alleinstehende Personen
7. Alternative Modelle für Geschäftsöffnungszeiten
- Gemeinsam mit Geschäften, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sollen perspektivische Modelle zu Geschäftsöffnungszeiten für den Schutz von Arbeitnehmer*innen und Kund*innen während hitzeintensiver Tageszeiten erarbeitet werden.
- Mit Aktionstagen wie zum Beispiel „Stuttgarter Siesta“ können wir Möglichkeiten alternativer Geschäftsöffnungszeiten testen und einen Dialog in der Stadtgesellschaft anstoßen.
8. Quartiersbasierte Bürgerbeteiligung für Hitzeschutz in der Nachbarschaft verbessern, z.B. über eine App, in der Stuttgarterinnen und Stuttgarter Vorschläge für neue Standorte für Trinkbrunnen oder Schattenflächen machen können.
9. Vermeiden von Versiegelungen von Freiflächen und landwirtschaftlichen Flächen, sowie Bewahrung von Stuttgarter Frischluftschneisen und Kälteinseln, vor allem außerhalb der Kessellage.
10. Ausbau personeller Ressourcen in relevanten Ämtern der Stadtverwaltung und Benennung von Beauftragten für Hitzeschutz (Gesundheitsamt; Abteilung Stadtklimatologie; Forstamt; Sozialamt; Zentrum für Katastrophenschutz).
Wo stehen wir?
Als Grüne machen wir uns im Gemeinderat schon lange für Hitzeschutz stark und wir sind damit noch lange nicht fertig. Das Stuttgarter Klimaanpassungskonzept muss fortlaufend erweitert und umgesetzt werden. 1000 neue Bäume sind in unserem Aktionsprogramm „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ beschlossen. Um unseren Baumbestand zu schützen, haben wir eine Ausweitung der innerstädtischen Baumschutzsatzung auf die ganze Stadt beschlossen.
Um mehr Trinkwasser in der Stadt anzubieten, werden in den kommenden Jahren weitere 20 Trinkwasserbrunnen und 8 Wasserspiele gebaut.
Sonnenschutz spielt bei Neubauten inzwischen eine wichtige Rolle und wird in den Planungen konsequenter mitgedacht. Wir setzen uns vehement für Fassaden- und Dachbegrünungen ein. Bei Bestandsbauten gilt es, natürliche Beschattung wo möglich zu priorisieren und sonst auf Sonnensegel zu setzen. Wir fordern zusätzlich das Aufstellen von mobiler, temporärer Beschattung.
Des weiteren wollen wir verstärkt mit Kirchen zusammenarbeiten, um in Kirchen an heißen Tagen Zufluchtsorte vor der Hitze anzubieten. Seit letztem Sommer ist ein Hitzebus an heißen Tagen mit Wasserflaschen für Bedürftige unterwegs.
Wir haben Mittel für die Entsiegelung innerstädtischer Flächen, z.B. von Innenhöfen beschlossen, um aus Stuttgart eine klimaresiliente Schwammstadt zu machen und erproben neuartigen „Sickerasphalt“, der wasserdurchlässig ist und den angespannten Grundwasserspiegel schützen soll. Bei neuen Bauvorhaben wie z.B. dem Sportbad im Neckarpark setzen wir auf neue Regenauffangsysteme. Dadurch werden dort z.B. die Toiletten mit vom Dach aufgefangenem Regenwasser betrieben.
Wir setzen uns dafür ein, dass Kaltluftentstehungsgebiete und –strömungsbahnen vor Bebauung geschützt werden. Mit Stadtgrün und Grünvernetzung wollen wir nächtliche Abkühlung in Hitzesommer herbeiführen und kleine klimakomfortable Grünoasen in den Bezirken schaffen. Wir wollen Wasser in der Stadt sichtbar machen, Sickerflächen schaffen und Bachläufe renaturieren.
Komm mit uns ins Gespräch
Zum Beispiel an unseren Informationsständen oder per Mail.
Du möchtest mehr Hintergrundinfos zu Hitzeschutz?
Weiterführende Informationen findest Du z.B. hier:
Das sagen Stuttgarter*innen zu Idee Nr. 7 "Stuttgarter Siesta"